Anfragebeantwortung zu Bulgarien: Möglichkeit der legalen Registrierung von anerkannt Schutzberechtigten in der nationalen Datenbank (Gründe für Scheitern, Prozedere der Registrierung, Unterstützung bei der Registrierung) [a-12250-1]

9. November 2023

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Das vorliegende Dokument beruht auf einer zeitlich begrenzten Recherche in öffentlich zugänglichen Dokumenten, die ACCORD derzeit zur Verfügung stehen sowie gegebenenfalls auf Auskünften von Expert·innen und wurde in Übereinstimmung mit den Standards von ACCORD und den Common EU Guidelines for processing Country of Origin Information (COI) erstellt.

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Wir empfehlen, die verwendeten Materialien im Original durchzusehen. Originaldokumente, die nicht kostenfrei oder online abrufbar sind, können bei ACCORD eingesehen oder angefordert werden.

Kurzbeschreibungen zu den in dieser Anfragebeantwortung verwendeten Quellen sowie Ausschnitte mit Informationen aus diesen Quellen finden Sie im Anhang.

In einem Länderbericht zu Bulgarien vom März 2023 des bulgarischen Helsinki-Komitees werden Einzelheiten zur nationalen Datenbank (BG: ЕСГРAОН, ESGRAON; EN: Unified System for civil registration and administrative services of the population, USCRASP) erläutert. Die Registrierung in der nationalen Datenbank sei für international Schutzberechtigte verpflichtend. Ohne Registrierung in der Datenbank sei es nicht möglich, Identitätsdokumente zu erhalten (Bulgarian Helsinki Committee, März 2023, S. 103). International Schutzberechtigte würden nach Registrierung in der nationalen Datenbank eine persönliche Identifikationsnummer bekommen (BG: единен граждански номер, ЕГН; Unified Civil Number, UCN). Für eine Registrierung in der nationalen Datenbank müsse eine Person unter anderem einen Wohnsitz vorweisen. Die staatliche Flüchtlingsbehörde (State Agency for Refugees, SAR, auch SAREF) gestatte es Personen, die erst kürzlich den Schutzberechtigten-Status erlangt und bis dahin in Aufnahmezentren gewohnt hätten, seit 2016 nicht mehr, die Adresse des jeweiligen Aufnahmezentrums als Wohnsitz anzugeben. Es sei international Schutzberechtigten in dieser Situation daher nicht mehr möglich, eine gültige Adresse oder einen gültigen Wohnsitz vorzuweisen, da sie ohne gültige Identitätsdokumente keine Unterkunft mieten könnten. Dieses rechtliche Dilemma habe dazu geführt, dass fortdauernd missbräuchliche Wege eingeschlagen würden, darunter das Zurückgreifen auf Scheinmieten und Scheinmeldeadressen, um Schutzberechtigten den Zugang zu Identitätsdokumenten zu ermöglichen (Bulgarian Helsinki Committee, März 2023, S. 103, 111; siehe auch SFH, 30. August 2019, S. 21; Raphaelswerk e.V., November 2019, S. 9, 11).

In einem Bericht vom August 2019 zitiert die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) zum Thema Wohnsitz für Schutzberechtigte folgende Sätze aus einem älteren Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Saarland vom 10. Jänner 2017:

‚Dreh- und Angelpunkt‘ ist für die Schutzberechtigten in Bulgarien das Erreichen des Zugangs zu einer Meldeadresse (‚Meldebestätigung‘), die eine Unterkunft und eine zivile Adressregistrierung voraussetzt. [...] Das Finden einer Unterkunft in Bulgarien ist für die anerkannt Schutzberechtigten jedoch sehr schwierig. Ein Recht auf Unterbringung existiert nicht, und es gibt weder einen Plan für die Integration noch Mittel aus dem Haushalt, die den Zugang zur Unterbringung als Integrationsmassnahme sicherstellten. Die Politik der staatlichen Flüchtlingsbehörde ist zudem unbeständig und willkürlich. [...].»“ (SFH, 30. August 2019, S. 22)

In einem Entscheidungstext des österreichischen Bundesverwaltungsgerichtes vom September 2023 wird unter Bezugnahme auf Aussagen der staatlichen Flüchtlingsbehörde zudem erläutert, dass es „nach wie vor keinen Nachfolger zum Nationalen Integrationsprogramm (NPIR) gebe. Versuche, die Gemeinden in die Bereitstellung von Unterkünften und Arbeitsplätzen für Flüchtlinge einzubinden, sind praktisch gescheitert“ (BVwG, 13. September 2023, S. 14). Der freie Markt stelle mit Stand September 2023 für Schutzberechtigte wie für Bulgar·innen die einzige Option dar, um eine Unterkunft zu finden. Es gebe allerdings NGOs, die Schutzberechtigten dabei helfen würden (BVwG, 13. September 2023, S. 14). Weitere Informationen über den Zugang zum Wohnungsmarkt finden sich im zweiten Teil der vorliegenden Anfragebeantwortung:

·      ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Bulgarien: Zugang anerkannt Schutzberechtigter zu (privatem) Wohnungsmarkt, Arbeitsmarkt, medizinischer Versorgung nach legaler Registrierung in nationaler Datenbank [a‑12250-2], 9. November 2023

Auf einer vom bulgarischen Rat für Geflüchtete und Migrant·innen (Bulgarian Council on Refugees and Migrants, BCRM) betreuten Projekt-Webseite, die Regierungsinstitutionen und NGOs, Informationen zur Verfügung stellt, die Geflüchtete und Personen mit humanitärem Bleiberecht (auch: subsidiärer Schutz[1]) betreffen, findet sich eine undatierte Unterseite mit Informationen zu Identitätsdokumenten für international Schutzberechtigte. Die standesamtliche Registrierung („civil registration“) international Schutzberechtigter erfolge auf Grundlage des Artikels 3 (2) des Personenstandsgesetzes („Civil Registration Act“). Die Ausstellung einer persönlichen, elektronischen Registrierungskarte und einer UCN für Schutzberechtigte erfolge auf Grundlage von Artikel 26 (3) des Personenstandsgesetzes unter Vorlage nachfolgend genannter Unterlagen: den Bescheid über die Zuerkennung des internationalen Schutzstatus; bei Kindern, die Geburtsurkunden von Kindern, die im Herkunftsland der zum internationalem Schutz berechtigten Eltern geboren wurden; den Antrag auf eine Meldung des ständigen Wohnsitzes und eine Meldebescheinigung („address card“) über den aktuellen Wohnsitz in der betreffenden Gemeinde (BCRM, ohne Datum (a)).

Darüber hinaus gibt der BCRM an, dass gemäß Artikel 92 (2) des Personenstandsgesetzes zum Zweck der Meldung des Wohnsitzes die Einreichung folgender Unterlagen notwendig sei: der mit der/dem Eigentümerin/Eigentümer der Immobilie abgeschlossene Mietvertrag; die schriftliche Zustimmung der/des Eigentümerin/Eigentümers nach Form einer Mustererklärung. Die betreffende Dienstleistung sei kostenfrei und werde innerhalb von sieben Tagen nach Antragstellung erledigt. Zuständig seien die jeweiligen ESGRAON-Büros der Gemeinden oder Bürgermeisterämter (BCRM, ohne Datum (a)).

In Bezug auf Identitätsdokumente für international Schutzberechtigte gibt der BCRM an, dass deren Ausstellung auf Grundlage der Artikel 14 und 59 des bulgarischen Gesetzes über Identitätsdokumente erfolge. Ein Antrag werde bei der Migrationsdirektion in Sofia und in den Regionaldirektionen des Innenministeriums gestellt, die für den ständigen Wohnsitz der antragstellenden Personen zuständig seien. Identitätsdokumente für international Schutzberechtigte seien bis zu drei (bei subsidiärem Schutzstatus) bzw. fünf Jahre (bei Flüchtlingsstatus) gültig. Für die Ausstellung von Ausweisdokumenten seien nachfolgende Unterlagen notwendig: das Antragsformular; die Kopie des offiziellen Bescheids über Zuerkennung des internationalen Schutzstatus; eine Bescheinigung über die Eintragung in das Melderegister unter der ständigen Anschrift sowie eine Bestätigung über die erfolgte Zahlung der staatlichen Gebühr (BCRM, ohne Datum (a)). Es bestehe des Weiteren die Möglichkeit, eine einmalige finanzielle Unterstützung für die Ausstellung eines Ausweisdokumentes zu beantragen (BCRM, ohne Datum (a), BCRM, ohne Datum (b)).

Unter Bezugnahme auf Artikel 42 (5) des bulgarischen Asylgesetzes schreibt das bulgarische Helsinki-Komitee in seinem oben erwähnten Bericht, dass im Jahr 2020 eine neue Bestimmung eingeführt worden sei, die die Rücknahme des internationalen Schutzes erlaube, wenn international Schutzberechtigte abgelaufene oder verloren gegangene bulgarische Identitätsdokumente nicht innerhalb einer 30-Tage-Frist erneuern oder ersetzen würden. (Bulgarian Helsinki Committee, März 2023, S. 106).


 

Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 9. November 2023)

·      BCRM – Bulgarian Council on Refugees and Migrants: Identity Documents – Documents of Beneficiaries of International Protection, ohne Datum (a)
https://refugee-integration.bg/en/%d1%81%d0%b5%d0%ba%d1%82%d0%be%d1%80%d0%b8-%d0%bd%d0%b0-%d0%b8%d0%bd%d1%82%d0%b5%d0%b3%d1%80%d0%b0%d1%86%d0%b8%d1%8f/%d0%b4%d0%be%d0%ba%d1%83%d0%bc%d0%b5%d0%bd%d1%82%d0%b8-%d0%b7%d0%b0-%d1%81%d0%b0%d0%bc%d0%be%d0%bb%d0%b8%d1%87%d0%bd%d0%be%d1%81%d1%82/

·      BCRM – Bulgarian Council on Refugees and Migrants: Social Assistance, ohne Datum (b)
https://refugee-integration.bg/en/%d1%81%d0%b5%d0%ba%d1%82%d0%be%d1%80%d0%b8-%d0%bd%d0%b0-%d0%b8%d0%bd%d1%82%d0%b5%d0%b3%d1%80%d0%b0%d1%86%d0%b8%d1%8f/%d1%81%d0%be%d1%86%d0%b8%d0%b0%d0%bb%d0%bd%d0%be-%d0%bf%d0%be%d0%b4%d0%bf%d0%be%d0%bc%d0%b0%d0%b3%d0%b0%d0%bd%d0%b5/

·      Bulgarian Helsinki Committee, Refugee and Migrant Legal Programme: Country Report: Bulgaria, 2022 Update, ECRE European Council on Refugees and Exiles (Hg.), März 2023
https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf

·      BVwG – Bundesverwaltungsgericht: Entscheidungstext W212 2276734-1/6E, 13. September 2023
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bvwg/BVWGT_20230913_W212_2276734_1_00/BVWGT_20230913_W212_2276734_1_00.pdf

·      Raphaelswerk e.V.: Bulgarien: Informationen für Geflüchtete, die nach Bulgarien rücküberstellt werden, November 2019
https://www.asyl.net/fileadmin/user_upload/publikationen/Arbeitshilfen/BG_Rueckueberstellung_Dublin_Information_Raphaelswerk_eV_19-11.pdf

·      SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe: Bulgarien – Aktuelle Situation für Asylsuchende und Personen mit Schutzstatus, 30. August 2019
https://www.ecoi.net/en/file/local/2016724/190829-bulgarien-auskunft.pdf


 

Anhang: Quellenbeschreibungen und Informationen aus ausgewählten Quellen

Der bulgarische Rat für Geflüchtete und Migrant·innen (Bulgarian Council on Refugees and Migrants, BCRM) ist eine Organisation, die 2005 von dem bulgarischen Roten Kreuz, dem bulgarischem Helsinki-Komitee und der Caritas Bulgarien gegründet wurde. Sie dient als Plattform für die Aktivitäten dieser Organisationen mit Bezug zu den Themen Asyl und Migration.

·      BCRM – Bulgarian Council on Refugees and Migrants: Identity Documents – Documents of Beneficiaries of International Protection, ohne Datum
https://refugee-integration.bg/en/%d1%81%d0%b5%d0%ba%d1%82%d0%be%d1%80%d0%b8-%d0%bd%d0%b0-%d0%b8%d0%bd%d1%82%d0%b5%d0%b3%d1%80%d0%b0%d1%86%d0%b8%d1%8f/%d0%b4%d0%be%d0%ba%d1%83%d0%bc%d0%b5%d0%bd%d1%82%d0%b8-%d0%b7%d0%b0-%d1%81%d0%b0%d0%bc%d0%be%d0%bb%d0%b8%d1%87%d0%bd%d0%be%d1%81%d1%82/

„Civil registration

The civil registration of beneficiaries of refugee or humanitarian status is carried out on the grounds of Art. 3 (2) of the Civil Registration Act.

The categories entered into the population register are: c) beneficiaries of refugee or humanitarian status or persons who have been granted asylum in the Republic of Bulgaria.

Electronic Personal Registration Card and Uniform Civil Number

The issuing of Electronic Personal Registration Card and UCN [Unified Civil Number] (EGN [Edinen grazhdanski nomer]) to beneficiaries of refugee or humanitarian status is done on the grounds of Art. 26 (3) of the Civil Registration Act on the basis of the following documents:

a decision on granting refugee or humanitarian status

a birth certificate of a child born on the territory of the country from parents who are beneficiaries of refugee or humanitarian status

an application for permanent address and an address card for current address in the relevant municipality

Address registration

Pursuant to Art. 92 (2) of the Civil Registration Act, for the purpose of address registration, the submission of the following documents is required: the rental contract with the owner of the property; the written consent of the owner of the property by means of a model declaration.

The service is free-of-charge and is provided within seven days from filing the application.

The procedures are conducted by the ESGRAON office at the relevant municipality or mayoralty in conformity with Ordinance No Рд-02-20-9 of 21 May 2012 on the Functioning of the Uniform Civil Registration System.

Identity documents

The issuing of identity documents to beneficiaries of refugee or humanitarian status is done on the grounds of Art. 14 and Art. 59 of the Bulgarian Identity Documents Act. The request for issuance of identity documents is filed at the Migration Directorate in Sofia and in the Regional Directorates of MoI [Ministry of Interior] with jurisdiction over the persons’ permanent address.

The identity documents of beneficiaries of international protection are:

Identity document of a beneficiary of refugee status (term of validity up to 5 years)

Identity document of a beneficiary of humanitarian status (term of validity up to 3 years)

Documents needed for issuing the ID:

an application

a copy of an official document for granting refugee or humanitarian status or asylum

a certificate for registration in the population register by the permanent address

a document for the payment of the state fee

For more information, see the website of MOI’s Bulgarian Identity Documents Directorate.

For one-time financial assistance for the issuing of an ID see the Social Assistance Chapter.“ (BCRM, ohne Datum (a))

·      BCRM – Bulgarian Council on Refugees and Migrants: Social Assistance, ohne Datum (b)
https://refugee-integration.bg/en/%d1%81%d0%b5%d0%ba%d1%82%d0%be%d1%80%d0%b8-%d0%bd%d0%b0-%d0%b8%d0%bd%d1%82%d0%b5%d0%b3%d1%80%d0%b0%d1%86%d0%b8%d1%8f/%d1%81%d0%be%d1%86%d0%b8%d0%b0%d0%bb%d0%bd%d0%be-%d0%bf%d0%be%d0%b4%d0%bf%d0%be%d0%bc%d0%b0%d0%b3%d0%b0%d0%bd%d0%b5/

„The Social Assistance Act governs public relations related to guaranteeing the right in the Republic of Bulgaria to social assistance through social assistance. Bulgarian citizens, foreigners with a long-term or permanent residence permit in the Republic of Bulgaria, foreigners granted asylum, refugee status or humanitarian status and foreigners enjoying temporary protection can benefit from social benefits. […]

One-time help for issuing an identity card

According to Art. 16a of the Regulations for the Implementation of the Law on Social Assistance for the issuance of an identity card to persons may be granted a one-time targeted assistance up to the amount of the basis for assistance with a monthly assistance under Art. 9, determined for the relevant person. The aid is granted regardless of the one-time financial aid under Art. 16 of the Regulations for Implementation of the Law on Social Assistance.“ (BCRM, ohne Datum (b))

Das bulgarische Helsinki-Komitee ist eine unabhängige Nichtregierungsorganisation, die 1992 in Sofia, Bulgarien, mit dem Ziel, die Menschenrechte in Bulgarien zu schützen und zu fördern, gegründet wurde.

·      Bulgarian Helsinki Committee, Refugee and Migrant Legal Programme: Country Report: Bulgaria, 2022 Update, ECRE European Council on Refugees and Exiles (Hg.), März 2023
https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf

„No identity documents can be issued unless the individual is registered in the civil national database (ЕСГРAОН) except for certain categories, including asylum seekers. Identification on the basis of a valid document is a pre-condition for exercising almost any personal right envisaged, especially relating to housing, social support or assistance, health insurance and care, access to employment etc.

The registration in ЕСГРАОН is mandatory to the beneficiaries of international protection. Based on it they are given a unique identification number (единен граждански номер, ЕГН). Only after this registration can beneficiaries apply to be issued identity documents.

In order to be registered in the national database, any individual has to have, inter alia, a domicile. However, newly recognised beneficiaries who have lived in reception centres are no longer permitted by the SAR [State Agency for Refugees] to state the address of the respective reception centre as domicile. Therefore since the end of 2016 beneficiaries cannot provide a valid address or domicile, as they cannot rent a place of residence without a valid identity document. This legal ‘catch 22’ has led to continuous malpractice, including false renting and address registrations for the sake of enabling beneficiaries to obtain identity documents, as the valid identity document is a pre-condition to exercising their rights.“ (Bulgarian Helsinki Committee, März 2023, S. 103)

„In 2020 an amendment to the law introduced an additional clause, which allows cessation or revocation of international protection where the status holders fails to renew his/her expired Bulgarian identity documents, or to replace them if they have been lost, stolen or destroyed, in a period of 30 days. Despite being contrary to 1951 Refugee Convention, the amendment was aimed at legalising a malpractice applied by the SAR since 2018.“ (Bulgarian Helsinki Committee, März 2023, S. 106)

„Beneficiaries face acute difficulties in securing accommodation due to the legal ‘catch 22’ surrounding Civil Registration. Holding valid identification documents is necessary in order to enter into a rental contract, yet identification documents cannot be issued if the person does not state a domicile. The situation has been exacerbated since the SAR has prohibited beneficiaries from stating the address of the reception centre where they resided during the asylum procedure as domicile for that purpose. It led to corruption practices of fictitious rental contacts and domiciles stated by the beneficiaries of international protection to be able to obtain their status holders’ identification documents.“ (Bulgarian Helsinki Committee, März 2023, S. 111)

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ist österreichweit die zentrale Anlaufstelle für Beschwerden gegen Behördenentscheidungen in Angelegenheiten der unmittelbaren Bundesverwaltung.

·      BVwG – Bundesverwaltungsgericht: Entscheidungstext W212 2276734-1/6E, 13. September 2023
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bvwg/BVWGT_20230913_W212_2276734_1_00/BVWGT_20230913_W212_2276734_1_00.pdf

„Es gibt laut Vorheriger SuchbegriffSAREF [State Agency for Refugees] nach wie vor keinen Nachfolger zum Nationalen Integrationsprogramm (NPIR). Versuche, die Gemeinden in die Bereitstellung von Unterkünften und Arbeitsplätzen für Flüchtlinge einzubinden, sind praktisch gescheitert. Derzeit gibt es Pläne das NPIR wiederzubeleben, aber momentan ist die einzige Möglichkeit für Schutzberechtigte zu einer Wohnung zu kommen der freie Markt, wie für die Bulgaren auch. Es gibt allerdings NGOs, die den Schutzberechtigten hierbei Unterstützung bieten (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).“ (BVwG, 13. September 2023, S. 14)

Das Raphaelswerks ist eine katholische Sozial-Beratungsorganisation mit Sitz in Hamburg.

·      Raphaelswerk e.V.: Bulgarien: Informationen für Geflüchtete, die nach Bulgarien rücküberstellt werden, November 2019
https://www.asyl.net/fileadmin/user_upload/publikationen/Arbeitshilfen/BG_Rueckueberstellung_Dublin_Information_Raphaelswerk_eV_19-11.pdf

„Eintragung im Einwohnerverzeichnis

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte müssen sich in das elektronische Einwohnerverzeichnis (ЕСГРAОН) eintragen lassen. Für die Eintragung muss die registration card, die Entscheidung über den Flüchtlingsstatus oder humanitären Status sowie ein Nachweis über den Wohnsitz vorgelegt werden.

Nach der Eintragung wird die Identifikationsnummer EGN (единен граждански номер, ЕГН) zugeteilt.

Die Eintragung im Einwohnerverzeichnis ist erforderlich, damit die Aufenthaltserlaubnis ausgestellt werden kann.

Ein Problem ist, dass für die Eintragung im Einwohnerverzeichnis ein Wohnsitz nachgewiesen werden muss. Die Flüchtlingseinrichtung, in der jemand während des Asylverfahrens gewohnt hat, darf nicht als Wohnsitz angegeben werden. Für die Anmietung einer Wohnung ist jedoch eine gültige Aufenthaltserlaubnis erforderlich.“ (Raphaelswerk e.V., November 2019, S. 9)

„Der Zugang zu Wohnraum für Schutzberechtigte ist erschwert, da für den Abschluss eines Mietvertrags gültige Ausweispapiere erforderlich sind. Wie oben beschrieben, ist für die Ausstellung eines Ausweises wiederum ein Wohnsitz erforderlich.“ (Raphaelswerk e.V., November 2019, S. 11)

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), gegründet 1936, ist ein Dachverband der Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen die, neben mehreren Tätigkeitsbereichen, Dienste zur Recherche über Herkunftsländerinformationen zur Verfügung stellen.

·      SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe: Bulgarien – Aktuelle Situation für Asylsuchende und Personen mit Schutzstatus, 30. August 2019
https://www.ecoi.net/en/file/local/2016724/190829-bulgarien-auskunft.pdf 

Begünstigte des internationalen Schutzes haben grosse Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche ausserhalb den Zentren aufgrund von finanziellen Problemen sowie aufgrund von Problemen bei der Zivilstandserfassung. Für den Abschluss eines Mietvertrages ist das Führen gültiger Ausweispapiere erforderlich, jedoch können keine Ausweispapiere ausgestellt werden, wenn die Person keinen Wohnsitz angibt. Einen Wohnsitz kann man erst nach der Eintragung in die nationale Datenbank haben. Um in die nationale Datenbank aufgenommen zu werden, muss jede Person aber u.a. einen Wohnsitz haben. Die gleiche Anforderung und damit der gleiche Teufelskreis gilt für den Zugang zur Sozialhilfe. Es ist auch nicht (mehr) möglich, die Adresse des Aufnahmezentrums als Wohnsitz anzugeben.“ (SFH, 30. August 2019, S. 21)



[1] Laut dem obengenannten Bericht des bulgarischen Helsinki-Komitees (Bulgarian Helsinki Committee, März 2023, S. 103).